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Drei rasche Herzschläge später krachte Richeza zu Boden, spürte, wie mindestens eine Rippe brach und blieb, den Säbel noch immer umklammert, einen Moment wie betäubt liegen. | Drei rasche Herzschläge später krachte Richeza zu Boden, spürte, wie mindestens eine Rippe brach und blieb, den Säbel noch immer umklammert, einen Moment wie betäubt liegen. | ||
"Cousine!", hörte sie ihren Vetter rufen, und der Söldner über ihr fuhr zu [[Moritatio da Vanya|Moritatio]] herum. Schwert prallte auf Schwert, dann aber hatte der Söldner plötzlich einen Ogerfänger in der Linken, den vorwärts stieß ... | "Cousine!", hörte sie ihren Vetter rufen, und der Söldner über ihr fuhr zu [[Moritatio da Vanya|Moritatio]] herum. Schwert prallte auf Schwert, dann aber hatte der Söldner plötzlich einen Ogerfänger in der Linken, den er vorwärts stieß ... | ||
Richeza griff nach dem Bein des Söldners, wodurch dessen Schwung gebremst wurde. Der Ogerfänger durchbrach einige Ringe von Moritatios Kettenhemd, drang aber nicht tiefer ins Fleisch ein. | Richeza griff nach dem Bein des Söldners, wodurch dessen Schwung gebremst wurde. Der Ogerfänger durchbrach einige Ringe von Moritatios Kettenhemd, drang aber nicht tiefer ins Fleisch ein. | ||
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Glücklicherweise war der Innenhof des Castillo da Vanya von überschaubarer Größe, sodass keiner der Bogenschützen einen weiteren Pfeil auflegen konnte, bevor der Condottiere nicht den Aufgang zum Bergfried erreicht hatte, geschweige denn, dass den beiden Berittenen jemand folgen konnte. Rasch schwang sich der Baron aus dem Sattel, sodass das Pferd zwischen ihnen und der Treppe, und somit in der Schusslinie stand. Mit einem schnellen Schritt sprang er zu Dom Gendahar, der wohl mit seiner Schulter nicht ganz so schnell absteigen konnte, ließ den Schild vom Rücken gleiten, und hielt ihn, mit der Schwerthand nur locker gegriffen, über die Kruppe dessen Pferdes, sodass zumindest der Rücken des Thangolsforsters gedeckt war. Mit dem anderen Arm indes umfasste er ihn wenig zärtlich und mit nur wenig Rücksicht auf dessen angeschlagene Gesundheit an der Hüfte, sodass dieser sich mehr oder weniger aus dem Sattel fallen lassen konnte. Immer noch schmerzhaft, wie der Schrei bezeugte, aber wenigstens schnell. Und keinen Augenblick zu früh, brach doch das erste Ross wiehernd zusammen, den gefiederten Schaft eines Pfeiles in der Seite. | Glücklicherweise war der Innenhof des Castillo da Vanya von überschaubarer Größe, sodass keiner der Bogenschützen einen weiteren Pfeil auflegen konnte, bevor der Condottiere nicht den Aufgang zum Bergfried erreicht hatte, geschweige denn, dass den beiden Berittenen jemand folgen konnte. Rasch schwang sich der Baron aus dem Sattel, sodass das Pferd zwischen ihnen und der Treppe, und somit in der Schusslinie stand. Mit einem schnellen Schritt sprang er zu Dom Gendahar, der wohl mit seiner Schulter nicht ganz so schnell absteigen konnte, ließ den Schild vom Rücken gleiten, und hielt ihn, mit der Schwerthand nur locker gegriffen, über die Kruppe dessen Pferdes, sodass zumindest der Rücken des Thangolsforsters gedeckt war. Mit dem anderen Arm indes umfasste er ihn wenig zärtlich und mit nur wenig Rücksicht auf dessen angeschlagene Gesundheit an der Hüfte, sodass dieser sich mehr oder weniger aus dem Sattel fallen lassen konnte. Immer noch schmerzhaft, wie der Schrei bezeugte, aber wenigstens schnell. Und keinen Augenblick zu früh, brach doch das erste Ross wiehernd zusammen, den gefiederten Schaft eines Pfeiles in der Seite. | ||
„Wir können über den zweiten Stock entkommen, doch benötigt Ihr ein Seil, also rasch!“, erklärte er dem mit schmerzverzerrtem Gesicht an seiner Seite die Stufen hoch Taumelnden nur knapp, ehe auch schon ein weiterer Pfeil neben ihnen am Gemäuer unter einem Regen von | „Wir können über den zweiten Stock entkommen, doch benötigt Ihr ein Seil, also rasch!“, erklärte er dem mit schmerzverzerrtem Gesicht an seiner Seite die Stufen hoch Taumelnden nur knapp, ehe auch schon ein weiterer Pfeil neben ihnen am Gemäuer unter einem Regen von Putzbröckchen zerbrach. Kaum hatte er seine Fracht durch die Türe geschoben, kamen auch schon Richeza und Moritatio die Stufen empor. Ein letzter Blick über die Schulter auf den Innenhof, wo die Gardistin Rifadas, die das Schicksal ihrer Herrin offenbar zu teilen gedachte, gerade zu Boden ging, derweil sich die Söldnerin, wiewohl bereits mit einem Pfeil in der Schulter, noch immer mit derben Schwüngen der Glefe mehrere Gegner gleichzeitig vom Leib hielt, dann schloss Hernán von Aranjuez die Pforte des Bergfrieds, und schob den Riegel davor. | ||
„Zum Trauern wird später noch Zeit sein, nun gilt es sich zu eilen“, sprach er drinnen barsch. „In der Waffenkammer im zweiten Stock befindet sich eine Strickleiter, über welche wir nach draußen gelangen können. Domna Rifada wollte es so, die Einzelheiten erkläre ich Euch später. Richeza …“, wandte er sich gänzlich ohne Höflichkeitsbezeugung an die Scheffelsteinerin. „Sucht Euch eine Schießscharte oder dergleichen, und ruft nach draußen. Beschäftigt sie, lenkt sie ab, erzählt ihnen, wie lange wir es hier aushalten können und dass man uns suchen wird, und so weiter. Hauptsache sie kommen nicht auf die Idee, dass wir uns gerade absetzen. Moritatio, wir brauchen ein Seil, um Dom Gendahar hinab zu lassen. Mit seiner Schulter wird er wohl kaum die Strickleiter benutzen können …“ | „Zum Trauern wird später noch Zeit sein, nun gilt es sich zu eilen“, sprach er drinnen barsch. „In der Waffenkammer im zweiten Stock befindet sich eine Strickleiter, über welche wir nach draußen gelangen können. Domna Rifada wollte es so, die Einzelheiten erkläre ich Euch später. Richeza …“, wandte er sich gänzlich ohne Höflichkeitsbezeugung an die Scheffelsteinerin. „Sucht Euch eine Schießscharte oder dergleichen, und ruft nach draußen. Beschäftigt sie, lenkt sie ab, erzählt ihnen, wie lange wir es hier aushalten können und dass man uns suchen wird, und so weiter. Hauptsache sie kommen nicht auf die Idee, dass wir uns gerade absetzen. Moritatio, wir brauchen ein Seil, um Dom Gendahar hinab zu lassen. Mit seiner Schulter wird er wohl kaum die Strickleiter benutzen können …“ | ||
*''Das Schicksal Domna Rifadas wird hier weiterverfolgt: [[Chronik.Ereignis1033 Feldzug Selaque 03|Schauplatz: Selaque, Teil 03]].'' | |||
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Auf der nächsten Ebene fand sie eines, doch sie konnte von dort nicht in den Burghof sehen, aus dem weiterhin Waffenlärm zu hören war. Stattdessen blickte sie auf den Palas, wo Domna Praiosmin noch immer auf dem Balkon vor dem einstigen Schlafzimmer ihrer Mutter stand. Richeza kroch in die enge Fensternische, in der Hoffnung, doch noch einen Blick auf den Hof zu erhaschen, doch der war von hier nicht einsehbar. | Auf der nächsten Ebene fand sie eines, doch sie konnte von dort nicht in den Burghof sehen, aus dem weiterhin Waffenlärm zu hören war. Stattdessen blickte sie auf den Palas, wo Domna Praiosmin noch immer auf dem Balkon vor dem einstigen Schlafzimmer ihrer Mutter stand. Richeza kroch in die enge Fensternische, in der Hoffnung, doch noch einen Blick auf den Hof zu erhaschen, doch der war von hier nicht einsehbar. | ||
"Hure!", brüllte sie stattdessen zu der Reichsvogtin hinüber. "Ihr sollt in die Höllen fahren! Ihr und Eure verdammte Dämonenbrut! Ihr werdet diese Burg nicht lebend verlassen!" Sie musste innehalten, der Schmerz raubte ihr den Atem. Keuchend krümmte sie sich zusammen, Schweiß trat auf ihre Stirn. Sie holte tief Luft. "Ich verfluche Euch, Praiosmin von Elenta!", schrie sie dann weiter. Ein Pfeil schlug neben dem Fenster in die Mauer ein und fiel in den Hof hinunter. "Ich bin noch nicht fertig | "Hure!", brüllte sie stattdessen zu der Reichsvogtin hinüber. "Ihr sollt in die Höllen fahren! Ihr und Eure verdammte Dämonenbrut! Ihr werdet diese Burg nicht lebend verlassen!" Sie musste innehalten, der Schmerz raubte ihr den Atem. Keuchend krümmte sie sich zusammen, Schweiß trat auf ihre Stirn. Sie holte tief Luft. "Ich verfluche Euch, Praiosmin von Elenta!", schrie sie dann weiter. Ein Pfeil schlug neben dem Fenster in die Mauer ein und fiel in den Hof hinunter. "Ich bin noch nicht fertig mit Euch, verdammte Dämonenbuhle!" | ||
Richeza zog sich vom Fenster zurück. Ihr schwindelte. Einen Moment blieb sie in der Nische liegen, die Wange an den kalten Stein gepresst. Als sie sich aufrappelte, bemerkte sie die Spur aus feinen Blutstropfen, die von der Tür quer durch den Raum zum Fenster führte. Erschrocken fasste sie sich an den schmerzenden Brustkorb, aber der Harnisch war unversehrt. Stattdessen sickerte Blut aus dem Schnitt in ihrem Stiefel. Auch das noch! | Richeza zog sich vom Fenster zurück. Ihr schwindelte. Einen Moment blieb sie in der Nische liegen, die Wange an den kalten Stein gepresst. Als sie sich aufrappelte, bemerkte sie die Spur aus feinen Blutstropfen, die von der Tür quer durch den Raum zum Fenster führte. Erschrocken fasste sie sich an den schmerzenden Brustkorb, aber der Harnisch war unversehrt. Stattdessen sickerte Blut aus dem Schnitt in ihrem Stiefel. Auch das noch! | ||
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Er sah sie erschrocken an, sie nickte die Treppe hinauf und folgte ihm weiter nach oben. Die Tür der Waffenkammer war aufgebrochen - zum Heiligtum ihrer Tante besaß auch niemand einen Schlüssel. Moritatio lud die Gerätschaften in der Mitte des Raumes ab und hastete erneut die Treppe hinunter. Richeza ließ sich derweil an einem der mit Rüstzeug vollgepackten Regale nieder und zerrte sich den rechten Stiefel vom Fuß. Der Strumpf, den sie darunter trug, war blutgetränkt. Sie zog ihn aus und begutachtete die Wunde. Der Muskel schien nicht vollständig durchtrennt, aber der Schnitt war tief und blutete. | Er sah sie erschrocken an, sie nickte die Treppe hinauf und folgte ihm weiter nach oben. Die Tür der Waffenkammer war aufgebrochen - zum Heiligtum ihrer Tante besaß auch niemand einen Schlüssel. Moritatio lud die Gerätschaften in der Mitte des Raumes ab und hastete erneut die Treppe hinunter. Richeza ließ sich derweil an einem der mit Rüstzeug vollgepackten Regale nieder und zerrte sich den rechten Stiefel vom Fuß. Der Strumpf, den sie darunter trug, war blutgetränkt. Sie zog ihn aus und begutachtete die Wunde. Der Muskel schien nicht vollständig durchtrennt, aber der Schnitt war tief und blutete. | ||
Moritatio kehrte zurück, reichte ihr atemlos einen Haufen aufgewickelte Leinenrollen. Sie nahm sie ihm wortlos ab, drückte einige der Tücher fest auf die Wunde und begann, sie abzubinden. "Hilf den anderen!", sagte sie zu ihrem Vetter, der noch immer neben ihr stand und sie | Moritatio kehrte zurück, reichte ihr atemlos einen Haufen aufgewickelte Leinenrollen. Sie nahm sie ihm wortlos ab, drückte einige der Tücher fest auf die Wunde und begann, sie abzubinden. "Hilf den anderen!", sagte sie zu ihrem Vetter, der noch immer neben ihr stand und sie beunruhigt ansah. | ||
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Drunten ertönte bereits ein Pochen und Rumpeln an der Pforte des Bergfriedes, doch war das massive Holz stabil, und würde so schnell nicht nachgeben. Viel mehr Sorgen musste man sich darüber machen, dass doch irgendjemand irgendwann auf die Idee kommen könnte, dass sie gar nicht vorhatten, sich hier zu verschanzen. Entsprechend trieb der Baron von Dubios die Gefährten zur Eile an. | Drunten ertönte bereits ein Pochen und Rumpeln an der Pforte des Bergfriedes, doch war das massive Holz stabil, und würde so schnell nicht nachgeben. Viel mehr Sorgen musste man sich darüber machen, dass doch irgendjemand irgendwann auf die Idee kommen könnte, dass sie gar nicht vorhatten, sich hier zu verschanzen. Entsprechend trieb der Baron von Dubios die Gefährten zur Eile an. | ||
„Domna Rifada hat mir ein Bündel Briefe übergeben, welche dem Ruf der Elenterin in [[Punin]] kaum zum Vorteile gereichen | „Domna Rifada hat mir ein Bündel Briefe übergeben, welche dem Ruf der Elenterin in [[Punin]] kaum zum Vorteile gereichen werden. Wohl hat sie vorausgesehen…“, erklärte er den plötzlichen Entschluss zum Bergfried zu flüchten, derweil er eine Schlaufe knüpfte „… dass die Sache hier ein blutiges Ende nehmen würde. ''‚Eine Junkerin verlässt Ihr Castillo nicht!‘'', sprach sie zu mir, und die Aussicht, ihre Feindin dennoch zu verderben, wie auch Euch beiden mit ihrem Opfer zur Flucht zu verhelfen, dürfte sie in diesem Entschluss bestärkt haben.“ | ||
Kurz blickte er vom Sohn zur Nichte der Junkerin, und zog schließlich besagtes Bündel aus seinem Gürtel. „Entsprechend ist es von höchster Wichtigkeit, diese Briefe nach Punin zu bringen. Im Zweifel wendet Euch an meinen Vetter Dom [[Rafik von Aranjuez|Rafik]], er wird gewiss anlässlich der Hochzeit aus Unterfels anreisen. Er versteht etwas von solchen Dokumenten, und wird wissen, was zu tun ist. Am besten verwahrt einstweilen Ihr | Kurz blickte er vom Sohn zur Nichte der Junkerin, und zog schließlich besagtes Bündel aus seinem Gürtel. „Entsprechend ist es von höchster Wichtigkeit, diese Briefe nach Punin zu bringen. Im Zweifel wendet Euch an meinen Vetter Dom [[Rafik von Aranjuez|Rafik]], er wird gewiss anlässlich der Hochzeit aus Unterfels anreisen. Er versteht etwas von solchen Dokumenten, und wird wissen, was zu tun ist. Am besten verwahrt einstweilen Ihr es …“, hielt er es der Scheffelsteinerin hin. „… denn Ihr werdet zuerst gehen. Moritatio und ich werden Dom Gendahar abseilen, und sollten wir es nicht rechtzeitig schaffen, sollten die Briefe schon auf dem Weg sein. Ich würde es zunächst in Schrotenstein versuchen, zweifellos wird sich auch Anzures zunächst dorthin wenden. Mit etwas Glück holt Ihr ihn vielleicht sogar noch ein.“ Ob er das im Hinblick auf ihre Verwundung am Bein wirklich glaubte, musste freilich dahingestellt bleiben. Schließlich warf er vorsichtig einen Blick aus dem Fenster. Auf der Rückseite des Bergfrieds war offensichtlich niemand zu sehen, sodass Moritatio und er sich daran machten, die Strickleiter an den offensichtlich genau für einen solchen Fall im Mauerwerk versenkten Eisenhaken zu befestigen. Ein weiterer prüfender Blick, und dann warfen die beiden die Strickleiter in die Tiefe. | ||
„Dom Gendahar…?“ Dieser hatte sich schwer atmend auf eine Truhe sinken lassen, und versuchte wohl nicht zu sehr an seine schmerzende Schulter zu denken. „Haltet Euch sicherheitshalber mit dem gesunden Arm an der Strickleiter fest. Zu zweit sollten wir Euch halten können, doch es geht tief hinab.“ Sollte er es sich doch anders überlegen, war nun gewiss der rechte Moment. Während Richeza von Scheffelstein ein letztes Mal den drei Männern zunickte, ehe sie sich, ob ihres Beines nicht ganz ohne Mühen, aufs Fensterbrett schwang, und mit dem Abstieg begann, hatte der Aranjuezer seine Sitzschlinge für Gendahar von Streitzig vollendet. „Helft Seiner Hochgeboren zum | „Dom Gendahar…?“ Dieser hatte sich schwer atmend auf eine Truhe sinken lassen, und versuchte wohl nicht zu sehr an seine schmerzende Schulter zu denken. „Haltet Euch sicherheitshalber mit dem gesunden Arm an der Strickleiter fest. Zu zweit sollten wir Euch halten können, doch es geht tief hinab.“ Sollte er es sich doch anders überlegen, war nun gewiss der rechte Moment. Während Richeza von Scheffelstein ein letztes Mal den drei Männern zunickte, ehe sie sich, ob ihres Beines nicht ganz ohne Mühen, aufs Fensterbrett schwang, und mit dem Abstieg begann, hatte der Aranjuezer seine Sitzschlinge für Gendahar von Streitzig vollendet. „Helft Seiner Hochgeboren zum Fenster“, wies er Moritatio an, derweil er das andere Seilende sicherheitshalber ebenfalls an einem der Haken befestigte … | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer: Ancuiras|Ancuiras]] | '''Autor:''' [[Benutzer: Ancuiras|Ancuiras]] | ||
Der Schmerz in der Schulter raubte Dom Gendahar fast die Sinne und der Schwindel war auch keineswegs besser geworden. Seine Entscheidung, sich in den Kampf zu werfen war wohl doch etwas voreilig gewesen. Andererseits hätte er es dann vielleicht nicht mehr in den Bergfried geschafft. | Der Schmerz in der Schulter raubte Dom Gendahar fast die Sinne und der Schwindel war auch keineswegs besser geworden. Seine Entscheidung, sich in den Kampf zu werfen, war wohl doch etwas voreilig gewesen. Andererseits hätte er es dann vielleicht nicht mehr in den Bergfried geschafft. | ||
Die Aussicht, wie ein Kartoffelsack die Mauer herunter gelassen zu werden und sein Überleben in die Hände anderer zu legen, war auch nicht gerade ermutigend. Aber er hatte keine Wahl. Die Vogtin hatte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass es allen, die sich gegen sie wandten, an den Kragen ginge. | Die Aussicht, wie ein Kartoffelsack die Mauer herunter gelassen zu werden und sein Überleben in die Hände anderer zu legen, war auch nicht gerade ermutigend. Aber er hatte keine Wahl. Die Vogtin hatte unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass es allen, die sich gegen sie wandten, an den Kragen ginge. | ||
Mühsam erhob sich der Thangolforster. "Zum Fenster schaffe ich es schon noch allein", wehrte er den Arm Moritatios ab, auch wenn er sich da nicht ganz so sicher war. Leicht schwankend | Mühsam erhob sich der Thangolforster. "Zum Fenster schaffe ich es schon noch allein", wehrte er den Arm Moritatios ab, auch wenn er sich da nicht ganz so sicher war. Leicht schwankend gelang es ihm dann aber doch. "Hinunter werde ich allerdings eine kleine Hilfe benötigen, zumindest wenn ich in einem Stück ankommen soll." Er setzte sich auf den Fenstersims und blickte hinab. Verdammt, ging das tief runter. | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | '''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | ||
Mit zusammengebissenen Zähnen kletterte die Edle von Eslamsstolz die Strickleiter hinunter. Sie hatte die Wahl entweder das verletzte Bein zu belasten oder die Arme. Nach zwei Sprossen entschied sie sich für das Bein. Beim Abstieg machte es weniger Probleme als beim Laufen, wann immer sie aber ihr Gewicht an ihre Arme hing, zerriss es ihr beinahe den Brustkorb vor Schmerzen. | Mit zusammengebissenen Zähnen kletterte die Edle von Eslamsstolz die Strickleiter hinunter. Sie hatte die Wahl, entweder das verletzte Bein zu belasten oder die Arme. Nach zwei Sprossen entschied sie sich für das Bein. Beim Abstieg machte es weniger Probleme als beim Laufen, wann immer sie aber ihr Gewicht an ihre Arme hing, zerriss es ihr beinahe den Brustkorb vor Schmerzen. | ||
Sprosse für Sprosse kämpfte die Domna sich nach unten vor, bis sie endlich den schmalen, abschüssigen Grünstreifen erreichte, der sich zwischen Bergfried und Burggraben an der Mauer erstreckte. Sie warf einen raschen Blick nach oben – Dom Gendahar saß bereits auf dem Fenstersims – dann begann sie, die Seile aufzurollen, an denen Moritatio und Dom | Sprosse für Sprosse kämpfte die Domna sich nach unten vor, bis sie endlich den schmalen, abschüssigen Grünstreifen erreichte, der sich zwischen Bergfried und Burggraben an der Mauer erstreckte. Sie warf einen raschen Blick nach oben – Dom Gendahar saß bereits auf dem Fenstersims – dann begann sie, die Seile aufzurollen, an denen Moritatio und Dom Hernán Rucksäcke und Deckenbündel herabgelassen hatten. Ein Regentropfen traf ihre Stirn, ein zweiter ihre Hand. | ||
Wie um alles in der Welt sollten sie die Sachen trocken durch den Graben bekommen? Kritisch betrachtete Richeza die schlammige Brühe. Gut vier Schritt mochten es bis zum Ufer sein. Nicht zu weit. Ein guter Werfer vermochte die Bündel vielleicht ans andere Ufer zu schleudern, allerdings konnte man hier nicht weit ausholen. Um den Graben einfach zu durchwaten, schien er zu tief, und schwimmend würde es schwer werden, alles trocken auf die andere Seite zu bringen. Einen Moment lang erwog die Edle, einfach ihr Glück mit dem nächstbesten Rucksack zu versuchen, entschied sich jedoch dagegen. ''Sie'' würde es gewiss nicht schaffen, die Bündel hinüberzuwerfen, selbst unversehrt wäre es schwer geworden, und sie wollte nicht riskieren, die kostbare Ausrüstung im Burggraben zu versenken. | Wie um alles in der Welt sollten sie die Sachen trocken durch den Graben bekommen? Kritisch betrachtete Richeza die schlammige Brühe. Gut vier Schritt mochten es bis zum Ufer sein. Nicht zu weit. Ein guter Werfer vermochte die Bündel vielleicht ans andere Ufer zu schleudern, allerdings konnte man hier nicht weit ausholen. Um den Graben einfach zu durchwaten, schien er zu tief, und schwimmend würde es schwer werden, alles trocken auf die andere Seite zu bringen. Einen Moment lang erwog die Edle, einfach ihr Glück mit dem nächstbesten Rucksack zu versuchen, entschied sich jedoch dagegen. ''Sie'' würde es gewiss nicht schaffen, die Bündel hinüberzuwerfen, selbst unversehrt wäre es schwer geworden, und sie wollte nicht riskieren, die kostbare Ausrüstung im Burggraben zu versenken. | ||
Weitere Regentropfen fielen auf ihr Hemd und machten ihr schmerzlich bewusst, dass ihr Umhang zusammengerollt an ihrem Sattel hing – ebenso wie ihr Degen. Aus der Burg waren Rufe zu vernehmen und das Donnern gegen die Pforte des Bergfrieds auf der anderen Seite. Der Waffenlärm aber war verstummt. Ob ihre Tante ...? Die Edle schluckte und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Mauer. Hoffentlich machten die anderen schnell! | Weitere Regentropfen fielen auf ihr Hemd und machten ihr schmerzlich bewusst, dass ihr Umhang zusammengerollt an ihrem Sattel hing – ebenso wie ihr Degen. Aus der Burg waren Rufe zu vernehmen und das Donnern gegen die Pforte des Bergfrieds auf der anderen Seite. Der Waffenlärm aber war verstummt. Ob ihre Tante ...? Die Edle schluckte und lehnte sich mit verschränkten Armen an die Mauer. Hoffentlich machten die anderen schnell! | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | |||
„Sobald Dom Gendahar unten angekommen ist, werdet Ihr ihm folgen“, wies oben der Aranjuezer den womöglich neuen Junker von Vanyadâl an, und klopfte sich zur Erklärung auf die gepanzerte Brust. Er würde gewiss länger nach unten brauchen, als der ungleich leichter gerüstete Moriatio. Einstweilen aber galt es den verwundeten Thangolsforster heil nach unten zu bringen. Moritatio war ihm mit der Sitzschlaufe behilflich, wobei er das Seil mit einem gemurmelten „Verzeiht!“ noch durch dessen Gürtel führte. Dann blickte er zu dem Baron, der sich das Seil derweil zweimal um den Unterarm geschlungen hatte, und einen Stiefel gegen die Mauer gestemmt hatte. Ein kurzes Nicken noch, dann ging es los. Was gar nicht so einfach war, musste doch Dom Gendahar erst einmal vom Fenstersims ins Freie gelangen. Mit Moritatios Hilfe aber gelang es unter wohl einigen Schmerzen, und nachdem er sich an der ersten Seilsprosse festhalten konnte, griff auch Moritatio hinter dem Baron von Dubios zum Seil. | |||
Quälend langsam ging es hinunter, und es mochte sich wohl die Frage stellen, für wen die Zeit langsamer verging: für den Thangolsforster mit dem sich gefühlt kaum nähernden Boden unter sich oder für die beiden oben am Seil, mit dem Hämmern der Feinde an der Pforte des Bergfrieds im Rücken. Oder womöglich ja auch für Domna Richeza, der nicht viel anderes übrig blieb, als tatenlos zu warten. Mehrfach wanderte der bangende Blick Dom Gendahars zum Seil: würde es halten? Würde man ihn halten können? Würden die Schergen der Elenterin die Pforte überwinden, und seine Helfer angreifen können, derweil er nicht mehr oben, noch lange nicht unten schwebte? Das eine oder andere Mal war sein Weg abwärts von merklichem Rucken begleitet, doch schließlich, als er womöglich gar nicht mehr nach unten schauen wollte, spürte er die Berührung Domna Richezas, die seinen Stiefel gepackt hatte, um die letzten ein, zwei Schritt zu dirigieren. | |||
Oben hatte Hernán von Aranjuez längst ihre Fracht aus dem Blickfeld über die Kante des Fenstersimes hinweg aus den Augen verloren, sodass den beiden nicht viel mehr übrig blieb, als so lange Seil zu geben, bis sie kein Gewicht mehr spürten. Längst schon brannten ihre Arme, als endlich, endlich das Seil locker hing, und ein kurzer Blick hinab bestätigte, dass Dom Gendahar tatsächlich heil unten angekommen war, und gerade mit Hilfe der Scheffelsteinerin die Schitzschlinge abstreifte. Augenblicke und nur eine kurze Verschnaufpause später machte sich Moritatio, dessen Wunde am Unterarm wieder aufgebrochen war, aber der nun auf die Zähne biss, auf den Weg nach unten, gefolgt von dem schwerer gerüsteten, und demzufolge deutlich langsamer absteigenden Aranjuezer. | |||
„Ich glaube, der Graben ist nicht tief genug, als dass wir nicht mehr stehen könnten“, sprach Moritatio zu seiner Cousine. Sein Blick freilich verriet Zweifel. Hier und dort mochte der Graben mal tiefer, mal weniger tief sein, und die häufigen und schweren Wolkenbrüche im Bosquirtal machten es schwer, den Wasserstand verlässlich einzuschätzen. So blieb nichts anderes übrig, als dass Moritatio vorsichtig und mit einem Schaudern ob des kalten Wassers in den Graben kletterte, bis ihm das Wasser in der Mitte tatsächlich nur bis zur Brust ging. Richeza warf ihm schließlich ein Bündel nach dem anderen zu, die dieser dann weiter auf die andere Seite des Grabens warf, und kaum hatten sie das letzte Bündel so aus dem Schatten der Mauer hinüber befördert, kam auch Hernán von Aranjuez schwer atmend unten an. | |||
Mittlerweile fielen die Regentropfen dichter, sodass der eine oder andere denken mochte, dass der Gang durch den Burggraben nun auch gleich war, doch bedurfte es freilich noch etwas Anstrengung, vor allem den Thangolsforster hinüber zu bekommen. Am gesunden Arm hielt ihn der Aranjuezer, derweil Moritatio und die nun ebenfalls im Wasser stehende Richeza ihm hinein halfen, und auf der anderen Seite das Ganze noch einmal in umgekehrter Reihenfolge. Als sie sich so schließlich auf den weglosen Abstieg machten, hätte wohl niemand vermutet, dass es sich bei den vier erschöpften, schmutzstarrenden und bis auf die Knochen durchnässten Personen, die immer wieder sorgenvolle Blicke über die Schulter zurück warfen, um Standespersonen handelte, darunter gar den '' 'Großonkel des Kaisers' ''. | |||
Dem angemessen war auch die Stimmung in der kleinen Gruppe. Nun, da sie den Häschern anscheinend vorerst entkommen waren, blieb erstmals Zeit, über die Ereignisse der letzten Stunde nachzugrübeln. Domna Rifada wahrscheinlich, Dom Berengar womöglich tot, das Castillo verloren, die Hoffnung den kleinen Praiodor bzw. Domna Romina zu finden ferner denn je. „Ich kehre um“, war es schließlich Moritatio da Vanya, der einfach stehen blieb … | |||
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