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Ein Wassermaß später sah Rondrigo vom Eisenwalde zufrieden von einem Turm [[Castillo Ragath]]s zu, wie die Kolonne gen Nordosten abrückte. Dann wandte er sich um, und gab einem Bediensteten ein winziges Röllchen. "Schickt dies umgehend per Brieftaube an die Reichsvogtin von [[Kaiserlich Selaque]]." | Ein Wassermaß später sah Rondrigo vom Eisenwalde zufrieden von einem Turm [[Castillo Ragath]]s zu, wie die Kolonne gen Nordosten abrückte. Dann wandte er sich um, und gab einem Bediensteten ein winziges Röllchen. "Schickt dies umgehend per Brieftaube an die Reichsvogtin von [[Kaiserlich Selaque]]." | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:SteveT|SteveT]] | |||
'''Nachmittags, am Ufer der Harma''' | |||
Einige Meilen weiter nördlich, sah der [[Eslam der Jüngere von Ragathsquell]], zweitjüngster Mannesspross des [[Familia von Ragathsquell|ehemaligen Fürstengeschlechts]], gelangweilt zu, wie zwei Eigenhörige seiner Familia mit Spaten und Spitzhacke ein Loch in die fingerdicke Eisschicht hackten, die das normalerweise schnell fließende Flüsschen [[Harma]] bedeckte - die Grenze zwischen der [[Junkergut Ragathsquell|Dominie]] seines Vaters [[Talfan von Ragathsquell|Talfan]] und der der verstorbenen Stierfürstin [[Aldea von Harmamund]], der vor einigen Götterläufen ihre auch nicht viel freundlichere Tochter [[Morena von Harmamund|Morena]] nachgefolgt war. Eslam der Jüngere spuckte seinen Kautabak aus und begutachtete stirnrunzelnd wie der dicke Garobaldo - seines Zeichens zweiter Leibkoch seines Vaters mit überaus passendem Namen - einen Regenwurm aus einer kleinen Kiste mit Erde klaubte und ihn angeekelt auf einen zum Haken gebogenen dünnen Draht spießte. "Ob das bei dieser Kälte etwas bringt?" frug er den Koch skeptisch. "Die Fische sind doch alle längst erfroren oder rechtzeitig den Fluß und dann den Yaquir runter bis in die [[Grafschaft Südpforte|Südpforte]] oder ins [[Grafschaft Yaquirtal|Yaquirtal]] geschwommen. Nur ein kompletter Volllidiot von Fisch würde während der [[Tristeza]] in diesem [[:avwik:Efferd|efferdverlassenen]] Eisbad bleiben!" | |||
"Das sehe ich ganz genauso!" nickte Garobaldo und gab den beiden hörigen Knechten ein Zeichen, dass das geklopfte Loch im Eis längst groß genug war. Er warf den Haken mit dem zappelnden Wurm befestigt an einer dünnen Schnur in das Eisloch und ging in die Hocke, um besser durch das trübe Eis schauen zu können. "Euer werter Vater ist aber der Überzeugung, dass die Silberflitzen auch während der Tristeza unter dem Eis am Grund der Harma leben. Und da er ebensolche - gedünstet auf Schalotten und Kürbispüree - [[:avwik:Rohaja von Gareth|Ihrer Majestät der Kaiserin]] höchststelbst während des kaiserlichen Hoftages zu [[Ragath]] servieren will und wir bis dahin noch an der genauen Rezeptur feilen müssen, brauchen wir eben auch bei diesem [[:avwik:Firun|Firunswetter]] frische Silberflitzen." | |||
"Dann seht zu, welche zu fangen!" befahl ihm der junge Eslam buchstäblich von oben herab, denn er saß auf dem Rücken seines Apfelschimmels, um den er den Vater und [[Soberan]] lange angebettelt hatte und den er in Vorgriff auf seine Schwertleite kurz nach seinem neunzehnten Tsafest erhalten hatte. Er glaubte, dass er das Lieblingskind von Talfan von Ragathsquell war und so gab er sich Mühe, alles stets zu dessen vollsten Zufriedenheit zu erledigen, denn irgendwann einmal sollte all dies Land hier ihm gehören - und nicht irgendjemand seiner zahlreichen Geschwister, Vettern und Basen. Er wollte sein Roß gerade über die schmale Holzbrücke gehen lassen, die hier über die Harma führte, um sich das Ganze auch einmal vom [[Junkergut Harmamund|Harmamunder Ufer]] aus zu betrachten - doch die Frau unter den zwei Hörigen hielt ihn zurück. "Nicht, edler Domnito! De Brücke ist bloß für Menschen gemacht! Sie wird einstürzen unter dem Gewicht Eures Pferdes!" | |||
Der jüngere Eslam sah sie ungläubig an. Wer baute so einen schwächlichen Murks? Andererseits... besonders stabil sah sie wirklich nicht aus. Er blieb also am eigenen Ufer und ließ sein Pferd dort auf und ab stolzieren, als er auf einmal am anderen Ufer aus dem Waldstück in etwa 100 Schritt Entfernung eine größere Anzahl Reiter näherkommen sah, der eine noch größere Anzahl marschierender Fußsoldaten folgte. | |||
"Wer oder was zum Namenlosen ist das jetzt?" rief er. Der Koch zog vor Schreck schnell seinen Angelhaken aus dem Wasser, die beiden Hörigen bewaffneten sich wieder mit Spaten und Spitzhacke. Die Ankömmlinge waren durchweg bewaffnet und gerüstet - Eslams Mutter [[Efferdane von Grünau|Efferdane]] hatte schon darüber gesprchen, dass es möglicherweise eine große Blutfehde geben wird in [[Ragatien]] und [[Bosquirtal|Bosquirien]], nachdem unlängst das irgendwie mit ihnen verwandte Mannweib Rifada da Vanya zur Unterredung beim Vater gewesen war. Eslam konnte kaum erwarten, dass es tatsächlich soweit kam, um sich im Kampf seine ersten Sporen zu verdienen. Vor allem nachdem er gehört hatte, dass es dann gegen die [[Familia von Harmamund|Harmamunds]] ginge, denen er nur zu gerne einiges von ihrem Land abknöpfen würde, um die eigenen Latifundias zu erweitern. | |||
Eslam zog sein Rapier - eine bronzeverzierte Waffe aus der Schmiede der [[Gebrüder Sfazzio]] - und wartete am Brückenkopf, bis die Reiter heran waren, deren offensichtlicher Anführer auch ein junger Bursche zu sein schien, nur wenige Götterläufe älter wie er selbst. "HALT!" gebot er ihnen gebieterisch. "Ab hier beginnt unser Land und es wäre mir neu, dass wir einen Kriegshaufen angefordert haben. Was ist Euer Begehr?" | |||
"Befehl des Grafen, Junge!" gab Servando Cronbiegler unwirsch zurück, dem aber der herablassende Tonfall, die Garderobe und vor allem das Pferd des jungen braunhaarigen Burschens verrieten, dass er von Stand sein musste - bei solchen [[Magnat]]ensöhnen hieß es für ihn als Bürgerlichen immer vorsichtig zu sein. "Wir wollen nach Quazzano und die Karte weisst dies als den kürzesten Weg aus! Also lasst uns unseres Weges ziehen - alles andere braucht Euch nicht zu interessieren!" | |||
"Ich rate Euch dennoch: Kommt keinen Schritt näher!" gab Eslam unbeeindruckt eine letzte Warnung zurück. | |||
"Pfft!" schnaufte Servando höhnisch - kaum trocken hinter den Ohren, aber einem gräflichen Detachement den Durchzug verwehren wollen. "Vorwärts! Weiter!" drehte er sich zu den Gardisten des ihm anvertrauten Aufgebots um und ritt dann selbst auf die Holzbrücke. Die ersten zwei weiteren Gardereiter folgten ihm dichtauf - der junge Caballero aus höchstem Ragather Großbürgerhause hatte fast das Ragathsqueller Ufer erreicht, als die Brücke plötzlich mit lautem Krachen und Knarzen unter den drei Rössern und Reitern nachgab und sie allesamt ins eiskalte Wasser stürzten, die Eisdecke des Flusses zerschlagend. | |||
"HAHAHAHAHA!" lachte Eslam und auch die beiden Hörigen, die mit dem Finger auf die drei Gestürzten deuteten und sich prustend auf die Schenkel schlugen. Nur der Koch Garobaldo reichte dem pudelnass ans Ufer schwimmenden Servando eine helfende Hand, um ihn ans Ufer zu ziehen. | |||
"Und dabei habe ich Euch noch gewarnt!" schmunzelte der junge Ragathsqueller. Plötzlich aber wurde ihm der Ernst der Lage bewusst, da einer der gestürzten Geleitreiter offenbar unter sein panisch strampelndes Pferd geraten war. Er trieb blutend und besinnungslos im Wasser. Inglessio schnippste nach den beiden Eingehörigen. "Rapido! Rein mit euch! Zieht den Soldat aus dem Wasser!" | |||
Die Hörigen gehorchten mit furchtsamen Blick. Einer von ihnen stieg ins eiskalte Wasser, sich am vorgereckten Spaten des Anderen festhaltend, und zog den ohnmächtigen Gardisten, der mit dem Gesicht nach unten getrieben war, am Wappenrock zum Ufer, wo ihn der Koch, Servando Cronbiegler und auch der hastig vom Pferd gestiegene Domnito mit vereinten Kräften hoch ans steile Ufer zerrten. | |||
"Der Mann braucht einen Heiler und Ihr selbst und der Andere müsst aus den nassen Sachen raus!" stellte Eslam fest und hielt Servando die ausgestreckte Rechte zum Handschlag hin. "Ich schlage vor, Ihr begleitet uns nach Ragathsquell - es sind nur zwei Meilen! Eure Leute können ja so lange dort drüben rasten." | |||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Der Sinnreiche Junker von Aranjuez|Der Sinnreiche Junker]] | |||
Servando Cronbiegler nickte seinem Helfer dankbar zu, und schlug einige Male klappernd die in Eisen gekleideten Arme um den rasch auskühlenden Leib. Schlotternd ergriff er die dargebotene Hand Eslams, mit freilich reichlich zerknirschtem Antlitz. Das war ja ein großartiger Beginn seines eigenen Kommandos. "Habt Dank", schüttelte er dann aber das Haupt, an welchem die nassen Strähnen seiner nackenlangen Haare wirr klebten. "Aber unser Auftrag duldet keinen Aufschub. Gerne jedoch nehme ich Euer Angebot im Namen Graf Brandils für unseren Verletzten an. Ihr...", wandte er sich an den gleichfalls durchnässten Reiter, "...werdet ihn begleiten, und seht zu, dass Ihr in trockene Sachen kommt." | |||
Trockene Sachen, ein prasselndes Kaminfeuer und erhitzter Wein schienen dem jungen Ritter zwar auch mehr als verlockend, doch was, wenn die Aufrührerin just in dem Moment entkam, in welchem er es sich wohl sein ließ? So öffnete er die Spange seines klatschnassen Umhanges, und deutete auf die ersten Reiter am anderen Ufer: "Eure Umhänge, rapido!" ''Rapido!'' hatte er sich von mehreren Standespersonen abgeschaut, und seit auch er zum Schwertadel gehörte, verwendete der junge Ritter diese Vokabel geradezu inflationär. | |||
Vorsichtig wurden ihm von einem der leichter gerüsteten Fußsoldaten drei Umhänge herüber gebracht, in welche sich Caballero zähneklappernd hüllte. Einen davon um das Haupt, sodass er den [[:avwik:Novadi|Wickelköpfen]] am Ende nicht unähnlich sah. "Reitet zurück, wir treffen uns vor Quazzano", wies er schließlich seine Berittenen an. "Nahe [[Perainestift Schwanweiher|Schwanweiher]] gibt es eine Steinbrücke, die auch Reiter aushält." Das klang schnippischer als er es beabsichtigt hatte, daher drehte er sich rasch zu dem Ragathsqueller um: "Verzeiht die Umstände, Dom. Seid gewiss, dass Seine Hochwohlgeboren von Eurer Hilfsbereitschaft erfahren wird. Gewiss wird die gräfliche Schatulle auch für den...Schaden...aufkommen." | |||
Kurz sah er zu den Resten der Holzbrücke, dann winkte er dem Unteroffizier der Partisanieri. "Das Fußvolk zu mir!", rief er, woraufhin die Frauen und Männer des Grafen vorsichtig das Eis betraten. Weit auseinandergezogen und in mehreren Gruppen, wohlgemerkt. Offensichtlich war niemand sonderlich erpicht darauf das Schicksal ihres Anführers und der zwei Kameraden zu teilen. Servando Cronbiegler indes griff die Zügel seines Rosses, und schien, ganz der Anführer, für einen Moment versucht, sich in den Sattel zu schwingen. Dann aber ließ er es in Anbetracht von Firuns kaltem Hauch doch lieber bleiben. Es war auch so trotz der Umhänge kalt genug, und ein wenig eigene Bewegung würde sicherlich schaden. | |||
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