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Damit beschleunigte er mit klappernder Rüstung seinen Schritt, sodass die beiden sich alleine beraten mochten. Was er scheinbar von der ganzen Sache hielt, war nur Augenblicke später an Lautstärke und Tonfall zu erahnen, mit denen er einige seiner Leute anwies verdammt nochmal für etwas zu Essen zu sorgen. | Damit beschleunigte er mit klappernder Rüstung seinen Schritt, sodass die beiden sich alleine beraten mochten. Was er scheinbar von der ganzen Sache hielt, war nur Augenblicke später an Lautstärke und Tonfall zu erahnen, mit denen er einige seiner Leute anwies verdammt nochmal für etwas zu Essen zu sorgen. | ||
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"Sagt, was ist Euch widerfahren während Eurer Suche? Habt Ihr Kunde aus dem Norden; konnten die Wilden zurück geschlagen werden?" | "Sagt, was ist Euch widerfahren während Eurer Suche? Habt Ihr Kunde aus dem Norden; konnten die Wilden zurück geschlagen werden?" | ||
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'''Autor:''' [[Benutzer:Von Scheffelstein|von Scheffelstein]] | |||
Richeza blickte Dom Hernán mit gefurchter Stirne nach. Der Kaiser also hatte der Fehde Einhalt geboten, wohl, da er keinen weiteren Schatten auf seiner Feier sehen wollte, der auch seinem Ruf als Regenten schaden würde. Warum aber hatte er Aranjuez mit dieser Aufgabe betraut? Hatte ihre Tante doch recht, und er war nur auf die Reichtümer Selaques aus und hatte sie aus diesem Grund begleitet und war nun zurück, um Beute zu machen? Nein. Sie vertraute dem Mann. Aus irgendeinem Grund. Jedenfalls hatte er bislang keinen Anlass gegeben, es nicht zu tun. Wahrscheinlich war dies die Antwort auf die Briefe, die Dom Hernán nach Punin hatte senden lassen, und der Kaiser hatte den Boten zum Richter erhoben, nein, eher zum Schlichter. Auch nicht, denn falls der Kaiser glaubte, Dom Hernáns Anwesenheit würde bei der Vermittlung zwischen den zerstrittenen Domnas auch nur im Mindesten helfen, dann kannte er ihre Tante schlecht und auch Domna Praiosmin, die ganz offenkundig nicht mehr viel mit der Moralistin gemein hatte, die sie einstmals gewesen war. | |||
Kein Wunder, dass der Baron nicht glücklich schien, es war eine verzwickte Lage. Gut nur, dass ihre Tante nicht da war, das würde den Streit zumindest ein paar Tage verschieben, bis nach die Hochzeit – welcher Tag heute wohl war? – und dann sähe die Sache vielleicht wieder anders aus. Zunächst hatte Richeza auch ganz andere Sorgen, als sich in eine Fehde verstricken zu lassen. Wenn Praiodor nicht sicher zurück nach Ragath gelangte war alles umsonst. Nur: Was sollte sie mit ihm anfangen? Sie hatte keine Zeit, ihn in die Südpforte zu seinen anderen Verwandten zu bringen, und solange er krank war, widerstrebte es ihr, ihn allein zu lassen, denn wer sagte, dass Dom Stordan auch nur das mindeste Interesse an einem Knaben hatte, der seiner Familie, bliebe er in diesem Zustand, niemals von Nutzen wäre? | |||
Richeza warf Moritatio einen nachdenklichen Blick zu und trat an ihm vorbei in das Lagerhaus. Die Auswahl an Kleidern war denkbar bescheiden, und es gab nichts in Richezas Größe, aber schließlich fand sie lederne Beinkleider, die, dreimal umgeschlagen und gegürtet, wenigstens halbwegs passen würden, und ein weites Hemd mit geschlitzten Ärmeln in schwarz und rot, das ihr fast bis zu den Knien reichte, aber immer noch besser war als eine Pferdedecke. | |||
Moritatios ungeachtet, der noch immer in der geöffneten Türe stand, streifte sie sich die Decke über den Kopf, ihrem Vetter den vernarbten Rücken zugekehrt, und schlüpfte in die fremden Kleider. Als sie die Stiefel wieder angezogen, das Hemd mit einem Waffengurt in Form gezwungen und probehalber einen Säbel durch die Luft gezogen und an sich genommen hatte, fühlte sie sich wieder wie ein Mensch. | |||
"So", wandte sie sich an Moritatio, "sieht die Sache doch schon viel besser aus." Sie legte ihm die Hand auf den Arm und betrachtete ihn eindringlich. "Eine üble Sache, in die wir da hineingeraten sind. Aber sei unbesorgt, Vetter, wir werden auch wieder aus ihr herauskommen, unversehrt, wenn die ... hm, ja, die Götter wohl ... auf unserer Seite sind. Ich schätze Mal, Dom Hernán und die Gräflichen werden morgen aufbrechen, heute ist es schon zu spät, da werden sie diesen vergleichsweise sicheren Lagerort nicht aufgeben. Ich werde zusehen, dass der heiler sich noch heute um Praiodor kümmert. Er hat gesagt, er werde ihn Tsa anvertrauen, was auch immer das heißt, um ihm zu helfen. Ich hoffe, es geht schnell und hilft dem Jungen, denn in unserer jetzigen Lage kann ich mit einem kranken Knaben wenig anfangen. Ich muss ihn guten Gewissens in Ragath lassen oder zu seinem Onkel in die Südpforte schicken können. Mich selbst ruft die Plicht nach Kornhammer. Mein Großvater wird schon in Sorge sein. Und er hätte zumindest jeden Grund, mir für meinen Ungehorsam zu zürnen." | |||
Sie seufzte und verzog den Mund. "Allerdings bin ich deiner Mutter vieles schuldig. Ich werde also die Geduld meines Großvaters noch etwas länger herausfordern und in Quazzano auf Nachricht deiner Mutter warten. Und dann ..." Sie ließ Moritatio los und hob die Schultern. "Mir gefällt das alles nicht! Diese verfluchte Elenterin! Wir müssen einen Weg finden, euer Castillo zurückzubekommen. Nur, wenn wir die Waffen erheben, und wenn wir auch hundertmal im Recht sind, so wird es uns übel ergehen, solange wir uns damit des Kaisers Willen widersetzen. Verdammt soll er sein!", knurrte sie leise. | |||
"Wenn Dom Hernán seine Order ernst nimmt, haben wir ein Problem, denn der Mann versteht etwas vom Kriegführen, und er hat genügend Frauen und Männer, hier und anderswo, um uns in die Höllen zu senden, wenn er wollte. Und wenn er es nicht will, so wird er zumindest durchsetzen können, dass deine Mutter die nächsten Jahre in Al'Muktur sitzt. Der Landvogt ist mir zwar einiges an Blut schuldig, um nicht zu sagen, sein und seines Weibes Leben, doch er ist ein Wendehals und wird sich gewiss nicht gegen den Kaiser stellen. Wir müssen also verhindern, dass deine Mutter sich offen den Befehlen des Kaisers widersetzt. Verdammt noch Mal!" | |||
Sie schüttelte den Kopf. "Welch eine beschissene ... verzeih! ... Lage! Wir können nicht darauf vertrauen, dass der Aranjuezer sich auf unsere Seite stellt, auch wenn ich wette, dass er der Domna Praiosmin nur zu gerne den fetten Hintern versohlen würde. Nein", seufzte sie, "wir müssen das anders regeln. Du reitest nach Punin und schaust zu, was du bei Hofe erreichen kannst. Du wirst doch sicher Leute mit Einfluss kennen, die uns wider Domna Praiosmin unterstützen können, zumal wir im Recht sind, spätestens, wenn man die Briefe nach der Hochzeit näher in Augenschein nimmt." | |||
Sie musterte Moritatio und furchte die Stirn. "Hm, falls du den Einfluss bislang nicht hast, Vetter, wird es Zeit, dass du ihn erwirbst. Deine Mutter ist eine Frau der Tat und spricht mit dem Schwert in der Hand. In der Hinsicht wirst du ihr nie das Wasser reichen können. Aber wenn du ihr einen Dienst erweisen willst, deiner Familia und deinem Erbe, dann mach dir einen Namen in Punin, verschaff' dir Einfluss am Hof und sorge dafür, dass man dir in unserer Sache Gehör schenkt." | |||
Richeza umfasste Moritatios Unterarme mit beiden Händen. "Hörst du mich, Vetter? Deine Mutter mag nicht eben freundlich mit dir umgegangen sein, bisher, sie scheint die Männer nicht so zu l... äh ... wertzuschätzen. Aber sie braucht dich. Und jetzt ist deine Zeit, ihr zu zeigen, aus welchem Holz du geschnitzt bist. Auf deine Art. Verdammt, und dann wollen wir doch mal sehen, ob wir der fetten Metze nicht unseren Besitz abjagen können! Sie wird schön sehen, mit wem sie sich da angelegt hat. Aber alles zu seiner Zeit!" Müde strich sich Richeza mit dem Daumen über die Augenbraue. | |||
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