Chronik.Ereignis1046 Der Gefangene von Taladur 06

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Baronie Taubental, 21. Rondra 1046 BF

Auf Castillo Chellara (vormittags)

Autor: vivar

Daria ya Cantarra runzelte die Stirn, während ihre Augen immer eiliger über das Büttenpapier flogen. Die Erleichterung darüber, dass León Dhachmani de Vivar, ihr Herr, offenbar noch am Leben war, wich mit jedem Wort, das sie las, Unverständnis darüber, wovon die Rede war. Wie kam der Erzene Rat darauf, dass die Baronie Taubental an die 30.000 Dukaten Schulden bei der Reichsstadt Taladur haben sollte?

Seit sie vor bald zwölf Jahren ihr Amt als Kanzlerin der Baronie angetreten hatte, hatte sie alle ausstehenden Kredite beglichen, die Ausgaben bereinigt und die Einnahmen erhöht, so dass - neben einem ordentlichen Handgeld für ihren reisefreudigen Herrn – angemessene Rücklagen für notwendige Anschaffungen getätigt werden konnten.

Sie durchsuchte die Papiere, die sich sich zu ihrer Rechten auf dem Kanzleitische stapelten. Nichts. Sie stand auf und begann, die Rechnungsbücher der Baronie aus ihren Anfangsjahren zu durchsuchen. Wieder nichts.

Gualdini!“, rief sie dann in den Nachbarraum hinein.

„Euer Excellencia wünschen?“, scholl es zurück, und nach einer geraumen Zeit schob der greise Castellan den Vorhang, der die Kanzleistube von seiner eigenen trennte, beiseite.

„Gualdini, wo befinden sich die alten Bücher der Baronie?“

„Euer Excellencia meinen die Anfangsjahre der Herrschaft Seiner Hochgeboren?“

„Nein, die kenne ich. Ihr habt sie damals geführt und ich sie hernach studiert. Sie stehen dort.“ Sie wies auf eine Aktenwand mit säuberlich beschrifteten hölzernen Buchrücken. „Ich meine die Bücher seiner Vorgängerin, Baronin…“

Buriana Travienlieb Grobhand von Alstingen, die Zweite ihres Namens, Euer Excellencia. Die habe auch ich geführt, Euer Excellencia.“ Ugolino Gualdini strich sich ein unsichtbares Staubkorn von seinem Wams.

„Sind sie noch vorhanden?“

„Freilich, Euer Excellencia.“

„Apportiert sie einfach, mein Lieber.“

Der schmalschultrige Greis verschwand wieder im Nebenraum und kehrte nach einer Weile, fünf dicke Folianten balancierend, wieder, die er mit einem Ächzen auf Signora Darias Tisch fallen ließ. Gleich darauf zog er ein Tüchlein hervor, um die Buchrücken von der dicken Staubschicht zu befreien. „Die Jahre 1005 bis 1032, Euer Excellencia.“

Signora Daria öffnete aufs Geratewohl den Band 1025 bis 1030 und begann darin zu blättern. „Eure Handschrift war stets äußerst sorgfältig, Gualdini.“

„Danke, Euer Excellencia.“

Sie fuhr mit den Fingern über die Seiten. „Was ist das? Ein Eintrag vom 6. Phex 1025: 17.200 Silberlinge für geplätteltes Kupfer, zu zahlen an Dom Eytal Tandori, Gongplatz zu Taladur. Und hier erneut am 15. Praios 1026: 15.720 Silberlinge für geplätteltes Kupfer, zu zahlen an Dom Eytal Tandori, Gongplatz zu Taladur. Und ein paar Monde später ein drittes Mal! 14.080 Silbertaler! Was um Phexens Willen ist das?“

Gualdini wies mit der Fingerspitze gen Alveran. „Es, hrm, handelte sich um eine neue Bedachung für das Castillo, Euer Excellencia. Ihre Hochgeboren war der Ansicht, dass die Dächer Chellaras nicht nur feuerfest, sondern für alle Reisenden weithin sichtbar sein müssten. Vergolden oder versilbern war zu teuer, deshalb wählte sie Kupfer. Und wie Ihr wisst, Excellencia, hat Chellara viele Dächer…“

„…und äußerst kapaziöse Dachstühle, ich weiß. Sehen wir weiter.“ Sie blätterte wieder. „Hier, am 3. Hesinde 1026: 1.455 Silberlinge für die Lieferung eines Ziertisches mit Löwenfüßen, Bronze mit Blattgold, samt Aufsatz dreier Grazien und Obstschale, Bronze mit Blattgold, zu zahlen an Dom Larderello Amazetti, Gongplatz zu Taladur. Und gleich daneben: 980 Silberlinge für eine runde Kristallscheibe, mit Aussparung, zu zahlen an Borassimo von Taladur ä. H.. Ist das -?“

Der Castellan nickte. „Es handelt sich um den Ziertisch im Rosa Salon. Dazu gehörte noch ein Ensemble von Diwanen.“

Sie begann zu ahnen, woher all die Pracht dieses Castillos am Rande der Wildnis kam. Wandteppiche, Geschirr, Kerzenleuchter, die Fensterscheiben – alles war von feinster Machart. Fast wagte sie die Frage nicht zu stellen: „Und wie gedachte Ihre Hochgeboren diese Unsummen zu amortisieren?“

„Nun, soweit ich mich entsinne, Euer Excellencia, ist dieser Posten genau wie einige weitere…“ – Gualdini beugte sich über das offene Buch und deutete mit dem Finger auf eine Stelle ganz am rechten Rande – „…noch ausstehend.“

Signora Daria schwanden die Sinne.