Chronik.Ereignis1044 Selkethaler Pferderennen zu Ehren der schönen Göttin 1044 BF 33
Edlengut Selkethal, 03. Rahja 1044 BF
Autor: Eliane
„Bereit für deine dritte Niederlage gegen mich, Brüderchen?“, erkundigte sich Fabiola beim Frühstück gut gelaunt.
„Sobald ich diese himmlische Pastete beendet habe. Willst du auch eine?“, grinste Tariano, sehr wohl wissend, dass seine Schwester diese Leckerei zu ihrem größten Bedauern seit kurzem nicht mehr vertrug.
„Ihr solltet Eure Teilnahme überdenken, Selea“, mischte sich Luciana ein. „So triumphal Euer gestriger Ritt war, die letzten Tage müssen erschöpfend gewesen sein. Und bei der Fuchsjagd wird vermutlich dichtes Gedränge herrschen. Ein unbedachter Ellenbogen, ein unerfahrenes Ross, ein überforderter Reiter - Ihr seid nicht länger allein Eurem Wohlergehen verpflichtet.“
Fabiola nahm einen Tee entgegen. „Danke dir“, lächelte sie Keshlan an. Sie hatte ihn seit ihrer Ankunft meist nur morgens länger gesehen, war viel zu beschäftigt gewesen. „Habt Dank für Eure Sorgen, Luciana. Ihr habt nicht völlig unrecht. Aber ich merke, die Ablenkung entspannt mich, die Bewegung tut mir gut. Außerdem würde meine kurzfristige Absage vielleicht zu Gerede führen. Ich werde achtgeben und abbrechen, sollte es notwendig werden.”
Domna Luciana kannte ihre Schwägerin inzwischen gut genug, um zu wissen, wann es sinnlos war, ein Thema weiter zu verfolgen. Was sie nicht davon abhalten würde, auf ihre Soberana zu achten.
Wenig später sammelten sich die drei Reiter der Familia Al'Morsqueta zusammen mit den anderen Teilnehmern der Fuchsjagd auf einem Feld nicht weit der letzten Häuser des Örtchens Selkethal. Jeder der drei begrüßte seine verschiedenen, im Laufe dieses Turniers gemachten Bekanntschaften und war rasch in angeregte Gespräche verstrickt.
Dann erschien der Fuchs. Es war einer der Stallknechte des Edlen des Selkethals, in dessen Obhut Fabiola bereits Maldonado gesehen hatte. Er ritt einen Yaquirtaler, der an keiner der beiden vorherigen Disziplinen teilgenommen hatte. „Rechnest du dir schon deine Chancen aus, Fabilea?”, erkundigte sich Tariano schmunzelnd neben ihr. „Vielleicht. Was ist deine Einschätzung?” Der Geweihte musterte Pferd und Reiter einen Moment. „Ich würde sagen, wenn er es geschickt anstellt, könnte es interessant werden. Das Pferd ist nicht schlecht, vor allem aber ausgeruht und frisch. Der junge Mann kann offensichtlich reiten. Ob er Erfahrung mit einer Verfolgungsjagd hat, wird sich zeigen müssen. Wenn er klug genug ist, das offene Feld zu meiden, das Gelände zu nutzen, könnte ihm zu Gute kommen, dass seine Verfolger sich gegenseitig behindern werden. Was meinst du?” „Ich sehe es ähnlich. Allerdings wirkt er ein bisschen nervös. Kein Wunder, angesichts des Anlasses und des Publikums. Wie sieht’s aus, ist dein Einsatz weiterhin eine Erweiterung des Gartens?” „Ist er. Und deiner ein Glashaus?” „Natürlich. Irgendwie muss ich dich ja nach Hause locken”, schmunzelte Fabiola.
Das Signal für den Start des Fuchses erklang. Der junge Mann preschte los, über das freie Feld, weg von der wartenden Jägerschar. Nahm einen kurzen Moment etwas Tempo raus, um über einen Zaun zu setzen. Dann beschleunigte er wieder, ritt über eine Weide, die durchsetzt war von Maulwurfshügeln und kahlen, steinigen Stellen.
„Falsche Entscheidung, zu offenes Gelände. Zu viele starke Reiter und schnelle Pferde unter den Jägern”, kommentierte Fabiola in Tarianos Richtung. Der nickte. Da ertönte das Signal für die Verfolger. Die Jagd war eröffnet.
Fabiola trieb Nuianna an, raus aus der Meute der startenden Jäger, dem Fuchs hinterher. Gleichauf mit ihr, zu ihrer Linken, donnerte Tariano auf Solanocheo über das Feld. Rechterhand hielt Domna Verema mit ihrer dunkelbraunen Elenvinerstute Sobredosa Schritt, ebenso wie die Nordmärkerin Isavena von Leuenstolz. Den vier Reitern der Spitzengruppe folgten dicht auf Domna Rovena, die Horasierin, die Ordonya ihrer Schwester vorgestellt hatte, und Antorio von Jurios, sowie Lucianas neuer Bekannter, der Horasier Dareius Amarinto. Nicht weit dahinter, wenn auch etwas abgeschlagen, lagen Ravena von Rabenstein, ebenfalls aus den Nordmarken, Korãdo di Aragança und der Gastgeber Algerio da Selaque von Culming auf seinem Schlachtross Prinz Valeroso.
Beinahe im Gleichtakt setzten die vier Reiter der Spitzengruppe über den Weidezaun hinweg. Keins ihrer Pferde strauchelte oder verlor den Tritt, zog die Gruppe auseinander. Die Reiter lehnten sich nach vorne, trieben ihre Tiere zum Äußersten an. Der Fuchs auf seinem Yaquirtaler warf einen Blick über die Schulter. Seine Augen weiteten sich in der Erkenntnis, dass seine Flucht sich dem Ende neigte. Dann hatten ihn seine Verfolger eingeholt, umrundeten ihn.
Fabiola war die erste, die beherzt nach dem Fuchsschwanz griff. Innerlich verwünschte sie ihre ungewohnte, eingeschränkte Beweglichkeit. Der plötzliche Schmerz in ihrem Unterleib traf sie unerwartet, sorgte dafür, dass ihre Hand das Ziel verfehlte. Die unwillkürliche Gewichtsverlagerung ließ Nuianna zur Seite weichen.
Tariano, auch im Begriff, die Trophäe zu ergattern, bemerkte im Augenwinkel, dass mit seiner Schwester etwas nicht stimmte. Die Ablenkung reichte, um ebenfalls daneben zu greifen. Schon war Domna Verema, die Siegerin des Vorjahres auf kurze und lange Distanz heran, nutze die Lücke, die sich bot. Triumphierend reckte sie die Hand mit dem Fuchsschwanz in die Höhe, während Domna Isavena leichte Enttäuschung ins Gesicht geschrieben stand. Derweil lenkte Tariano Solanocheo zu Fabiola. „Alles in Ordnung, Fabilea?” Seine Schwester lächelte beruhigend. „Ja, ich glaube schon. Es geht schon wieder. Trotzdem, wenn du gleich kurz nach mir sehen würdest. Aber vorher sollten wir Domna Verema gratulieren.” „Natürlich, zu beidem. Sieht so aus, als hätten wir beide unsere Wette verloren.” „In der Tat. Also wird Mestera wohl einen weiteren Garten und ein Glashaus bekommen.” „Als hättest du es so geplant.”, schmunzelte Tariano, während sich sie der Siegerin zuwandten.
„Domna Verema, herzlichen Glückwunsch! Ein hervorragender Ritt, ein geschickter Griff! Und eine hervorragende Ergänzung Eurer bisherigen Erfolge. Sobredosa wird Maldonado in Zukunft wohl kaum nachstehen. Vielleicht ergibt sich eine Möglichkeit, zum Wohle unser beider Zuchten zusammenzuarbeiten. ”